Moin allerseits,

da fiel mir doch im Winter auf, daß auf den Reifenseiten seit über einem Jahr der neue Bridgestone Battlewing BW501/502 als Alternative mitgeführt wird. Und es ist noch kein Erfahrungsbericht draussen!
Ja sag mal...
Wenn ich mal überlege, was hier anno '03 losbrach, als der Anakee rauskam und alle "Messias!" geschrieen haben....

Da hab ich gedacht: nachdem ich jetzt seit zwei Jahren eher in die Fraktion der stillen Mitleser gewechselt hab, ich es mit durchschnittlich 100 Beiträgen pro Jahr noch auf die Hälfte dessen bringe, was andere in zwei Tagen schaffen , und nachdem mein persönliches Jubiläum "10 Jahre G2 im Forum" am 09.03. von mir selber unbemerkt ohne Kerze oder Tortie vorüberschlich, bin ich eigentlich mal wieder 'nen Reifentest schuldig.

Nachdem ich jetzt fünf Jahre treu Anakee gefahren bin, passierte das, was in langjährigen Beziehungen wohl gelegentlich mal vorkommen soll: ich hab mich gelangweilt.
Und ausserdem war der letzte Anakee-Vorderreifen alles andere als die Erleuchtung - wie kriegt man in Großserie bloss solche Qualitätsschwankungen hin? . Das Ding hat irgendwie in alle Richtungen geeiert, fuhr sich in der Kurve wie kaputtes Lenkkopflager und ich möcht gar nicht mehr wissen, welchen Anteil der Gummi daran hatte, daß ich den treuen schwarzen Schweineeimer damals bei Regen unter die Planke geschossen hab. Jedenfalls wurde der Reifen auch keinen Deut besser, als ich ihn auf die grüne 99er übernommen hab. Insofern hab ich mich, nachdem er endlich runter war, mit Freude davon getrennt - weg mit dem Mist.
Für den Test hab ich meinen grünen Lastenesel gegen Langeweile also mal mit dem BW bestrumpft. Was eigentlich immer noch nicht so richtig legal ist, denn für die PD10 gibts nach wie vor keine Freigabe. Dem Test war aber erstmal egal, ob so'n Papier dabei war....

Also raus auf die Strasse mit den Dingern. Diesmal hab ichs auch geschafft, das mit der Nässe gleich am ersten Tag hinzukriegen, so daß ich bis auf das Verschleißverhalten eigentlich gleich das komplette Programm hatte.

Um es gleich vorweg zu nehmen: ich langweil' mich immer noch .
Das hätte mir eigentlich vorher klar sein können - der Anakee konnte alles außer Dreck schon ziemlich gut, und alles, was da noch drüber kommen kann, ist wie Optimierung von 95 auf 99%.

Die Langeweile fing schon beim Preis an: die Paarung kostet (mit 130/80-R hinten) fast auf den Euro genauso viel wie der Anakee.

Dann raus auf die Hausstrecke.
Wie langweilig .
Ich hab keine Räder, ich hab Flügel.
Der Reifen läuft völlig neutral, absolut stabil und mit der Eigendämpfung von Opas kuscheligem Ohrensessel. Das konnte der Anakee aber eben auch alles schon.

Linksrum, rechtsrum, linksrum.
Wie langweilig .
Der Battlewing liegt genauso stabil und präzise in Schräglage wie der Anakee. Er braucht im Vorderrad marginal mehr Kraft, um ihn aus der Senkrechten auszulenken, dafür macht er das aber schön kontinuierlich und nicht mit dem kleinen Kippunkt, den der Anakee immer hatte.

Ratz Stiefelspitze, ratz Raste.
Ist dem Reifen egal. Wie langweilig . Was allerdings beruhigender ist als beim Anakee: vorne bleibt noch knapp ein halber Millimeter Reserve bis zur Profilkante. Da war man beim Michelin nie so sicher, wo der jetzt wirklich aufhört, und das fand ich immer schon ein wenig respekteinflössend. Hinten nutzt man die Lauffläche rundherum auf voller Breite - sehr schön, bei diesem Reifen wirft man zum Schluss nichts weg, was man mitbezahlt hat und hat trotzdem überall Material in beruhigender Breite drauf.
Grenzbereich - keine Ahnung. Scheint's hier nicht zu geben, genau wie beim Anakee. Also versuchen wir den auch mal nicht herbeizuzwingen.....

Übern Schotter auf den Hohenpeißenberg.
Ach herrje - wie langweilig.
Vorne eiert's nur und hinten wedelt's heftig - auch das kennt man schon. Der Battlewing führt im Vorderrad etwas besser als der Anakee, malt aber dafür mit seinem breiten Gummiberg am Hinterrad noch schönere Schlangenlinien in den Dreck - in der Summe ist er damit im Schotter genauso schlapp wie der Anakee. Echter Strassenpantoffel halt. Seitdem ich aber weiß, daß man, hinreichend Verzweiflung oder Lebensmüdigkeit vorausgesetzt, mit dem Anakee auch über Denzel-Schwierigkeit 5 kommt, ist mir das eh wurst.

Oh, da vorne gibts eine saubere Längsfräsung.
Das war jetzt mal gar nicht langweilig, denn das war viel besser als der Anakee, dessen eigentlich einzig wirklich nervige Eigenschaft dieses Straßenbahnverhalten bei Spurrillen war. Das fehlt dem Battlewing fast völlig - sehr schön . Shimmy zeigt er übrigens auch überhaupt keinen.

Abends auf der Rückfahrt regnet's dann.
Eigentlich auch langweilig. Er ist im Nässeverhalten ein klein bisschen schwächer als der Anakee. Was ich aber nicht mal als Nachteil sehen würde, denn so merkt man wenigstens, daß sich der Zustand der Straße geändert hat. Beim Anakee hatte ich zum Schluß immer den Eindruck, daß das Hinterrad Allmachtsversprechen abgibt, die das Vorderrad nicht wirklich halten kann.

Tja.
Ich befürchte, ich werd' mich weiter langweilen müssen .
Unterm Strich würde ich sagen: der Battlewing spielt da, wo der Anakee gut war, gleichauf in der Liga, aber kann's genau da besser, wo der Anakee geschwächelt hat.
Beide haben im Vergleich zu den meisten anderen Reifen, die ich auf der Alp kenne, ein sehr hohes Niveau, aber der Battlewing ist eben 99% statt 95% und damit um den kleinen Tick besser, den ich mir immer noch gewünscht hab. Die Bibenda haben ihren Meister gefunden - das Bessere ist des Guten Feind.

Und die Lektion Verschleißverhalten kriegen wir dann im Herbst....

Gruß

G2