Das größte Problem ist doch, dass ein Großteil der europäischen Käufer die Eigenschaften einer kleinen zuverlässigen Reiseenduro nicht braucht. Die Absatzzahlen der R 1200 GS sprechen ja für sich, dabei werden die wenigsten Exemplare weiter bewegt als Hausstrecke oder Eisdiele. Die Käufer wollen das Flair eines Abenteurers aber bitte mit über 100PS und mehr Elektronik als im heimischen PC, denn mit 50PS und einfacher wartungsarmer Technik kann man heutzutage beim großen Motorradtreffen niemanden mehr beeindrucken. Das große Geld wird mit Moppeds vom Schlage einer Transalp oder Ténéré nicht gemacht, das sind reine Nischenmodelle. Das große Geld hängt bei 250kg SUVs mit 120PS, siehe BMW R 1200 GS, KTM 1190 Adventure, Ducati Multistrada, Suzuki V-Strom 1000,Honda Varadero, Triumph XC800, Kawasaki Versys 1000, Yamaha Super Ténéré. Die potenten Käufer wollen etwas zum Angeben, nicht zum Reisen. Und Angeben kann man nun mal am besten mit dickem Motor und massiv Blingbling an der Maschine.
Die Varadero zählt nicht mehr zu diesem erlauchtem Kreis der von dir aufgezählten Motorräder .... die hat "nur" 94 PSanstatt dessen müsstest du die Crosstourer nennen. Auch die 800er Tiger die du mit aufgezählt hast, und die 800erGS die nicht in deiner Aufzählung steht, sind IMHO nicht diesem Kreis der schweren Reiseenduros zuzuzählen.
Außerdem müssen Hersteller nun mal auch den Kostenfaktor im Auge behalten ... und Tatsache ist, dass ein CAN-Bus heutzutage billiger kommt wie ein alt hergebrachter Kabelbaum den wir aus AT/TA etc. kennen. Das gleiche gilt auch für Digitalinstrumente ... die sind heutzutage auch einfach kostengünstiger wie analoge Rundinstrumente. Und dann nicht zu vergessen, die immer strenger werdenden Abgasvorschriften .... wenn ein Hersteller ein Motorrad für Europa homologieren lassen will, dann muss er sich dieser Euro 4 (bald 5) Abgasobergrenze beugen ... und das schafft man nur mehr mit Einspritzung, geregeltem Katalysator etc. etc.
Dass eine echte Reiseenduro kaum mehr als Zugpferd fungiert sieht man doch an der neuen Tenere. In den entsprechenden Kreisen ist das Motorrad hochgelobt als einziges Motorrad, mit dem man direkt aus dem Showroom auf Weltreise aufbrechen kann ohne eine Schraube tauschen zu müssen. Und was hat Yamaha davon? Gar nichts, das Ding verkauft so katastrophal schlecht, dass kaum ein Händler mehr einen Vorführer zur Probefahrt da hat. Weil die Käufer eben Abenteuerflair mit Vollgas wollen und nicht eine Maschine, die sie tatsächlich zuverlässig und kommod durch Patagonien, Sibirien oder Namibia bringt. Mein Händler hat mir geflüstert ich wäre der zweite gewesen, der die Ténéré im laufenden Jahr gekauft hätte... und das war im Oktober!
Aus dieser Sicht ist der Schritt von Honda nur konsequent und logisch. Und dass da wirklich eine 450ccm Reisenenduro folgt kann ich mir ehrlich gesagt beim besten Willen nicht vorstellen - aus europäischer Sicht lässt sich so ein Teil noch schlechter verkaufen als getragene Unterwäsche.
Eine 450er wirds wohl auch nicht werden ... eher eine 2x 450 = 900 cm³. Und auch wenn du recht hast, dass man außerhalb Europas net mehr als 50 PS braucht, so sind 99% der Motorradfahrer, die auch mal weiter weg wollen wie die Dolomiten, trotzdem immer noch in Europa unterwegs ... und ein bissl mehr als 50 PS, würden net schaden. Wie von mir schon oft gesagt .... 200 kg fahrfertig und 80 - 85 PS - das ist für mich völlig ausreichend.
Kurt